Linz  – Wien, oder von der Schnecke zum Edelweiß – kein alpines Bergdrama, sondern ein Paddelausflug auf der Donau

Linz - Wien


Beim Paddelklub Schnecke in Linz gibt es normalerweise Parkplätze und einen Schotterstrand, wo man brauchbar ein Kajak in die Donau bringt und
der Paddelklub Edelweiß in Wien ist seit Jahren meine Basis für sommerlich Paddelausflüge. Also was liegt näher als ein Versuch die Strecke  von Linz nach Wien in einem Tag zu versuchen? 200 km mit  6 Donaukraftwerken und 10 Übertrager in unter 24 Stunden?

Letztes Jahr bin ich ein erstes Mal bei meiner 24 Stunden Challenge gescheitert. Ich bin mittags in Linz aufgebrochen und wollte bei  Vollmond durch die Wachau um zum Mitagsessen beim PKE anzukommen. Leider hat der Wetterbericht nicht das gehalten, was er versprochen hat. Bei Nieselregen und schlechter Sicht gebe ich in Weißenkirchen auf und biwakiere in einem Indianerzelt am Kinderspielplatz. Ich weiß zumindest jetzt was nicht funktioniert: das Wetter habe ich nicht im Griff, aber an der Beleuchtung und vor allem am Timing kann ich was ändern.

Heuer warte ich mehrere Monate auf ein ideales Wetterfenster, ich wünsche mir Vollmond, ein stabiles Hoch, keine Gewitterneigung und zumindest nicht allzu starken Südostwind. Weiters werde ich nach Mitternacht starten, der Rückstau der Kraftwerke Asten und Wallsee sollten  bei Dunkelheit leichter zu bewältigen sein wie die Wachau und ab Greifenstein ist die Donau mein Heimrevier. Im Winter teste ich mehrere Fahrradlichter und lande dann bei einem LED Schweinwerfer mit ensprechend breitem Lichtbündel , den ich  ganz vorne am Boot befestige. Hinten kommt noch ein weißes Rundumlicht aufs Boot, Sichtbarkeit und Sicht funktionieren viel besser wie im Jahr davor.

Diesmal probiere ich die Fahrt mit dem Surfski, der wesentlich stabiler im Wasser liegt wie der Spirit 51. Ich habe im Epic V8 eine kleine Gepäckslucke, in die ich Notfallausrüstung und Ernährung für 24 Stunden unterbringe.


Kurz zur Tour, wie ist es gelaufen:
Nachtstunden auf der Donau haben etwas ganz besonderes, bis auf ein paar Kreuzfahrer gibt es kaum Verkehr, die sind aber wegen ihrer Beleuchtung leicht zu sehen und kein Problem.
In den Morgenstunden hat sich ein leichter Nebel über den warmen Wasser gebildet, es war wie ein Schweben über einem Wolkenmeer.
Einzig die Umtragestellen bei den Kraftwerken sind etwas mühsam. Im Surfski habe ich keinen Platz für einen Bootswagen, es gibt zwar Bootswägen des Verbunds bei den Kraftwerken, die sind aber alleine mühsam zu bedienen…..
Die Wachau erreiche ich diesmal am frühen Nachmittag. Die kleinen Ärgernisse mit dem Surfski habe ich allerdings dort schnell wieder vergessen: der Kreuzfahrtstourismus boomt wieder und es herrscht reger Schiffsverkehr mit ensprechendem Wellengang: meinen Spirit hätte ich wahrscheinlich versenkt – mit dem Epic habe ich ein breites Grinsen im Gesicht und ich probiere die Wellen zum Surfen zu nützen.
Ab Krems ändert sich die Charakteristik der Donau, zum Glück kenne ich die Strecke gut und zerlege sie mir in kleinere Zwischenziele – 10 Kilometer gehen immer!
Ganz zum Schluss passieret mir noch ein Hoppala, zuerst verbiege ich mir das Steuer beim Umtragen beim Kraftwerl Altenwörth und irgendwann zwischen Tulln und Greifenstein ist es leider ganz weg. Der Bolzen, der bei Epic das Steuer fixiert, ist mir durchgerostet. Mir war immer klar, dass meine Bastellösung nicht seewasserfest ist, aber dass Donauwasser auch schon so korrosiv ist, hätte ich mir nicht erwartet.
Bei Greifenstein wird es wieder dunkel, zuerst weil ich vergesse die Sonnenbrille abzunehmen und dann geht auch wieder im Osten der Mond auf.
Die letzten Kilometer fahre ich ohne Steuer fertig, es geht zwar etwas langsamer, schadet meiner Paddeltechnik aber wahrscheinlich nicht.
Nach 22 Stunden und ein paar Minuten lege ich beim Paddelklub Edelweiß an.

Was hat sich bewährt:
Beim Surfski  verschiebt sich durch die Beladung ( ca 7 kg) der Schwerpunkt und der Epic ist leider nicht mehr am Mittelgriff vernünftig zu tragen – das nächste Mal muss weniger Gepäck mit.
Sitzkissen und Ernährung haben sich schon bei der Loire bewährt, Energie für weitere Kilometer wären noch da gewesen!
Surfski heißt leider auch Sitzen im Nassen – Prinzipiell bei den warmen Temperaturen im August kein Problem, mir hat es aber ein paar Scheuerstellen eingebracht.
Blasen: dank Training auf der Loire keine größeren Probleme
Unterflursteuer: bei den Betonrampen der Umtragestellen leider sehr gefährdet!
Sonnenschutz: bin leider in kurzer Hose gefahren, das Tropfwasser vom Paddel und Sonnenschutz passen nicht gut zusammen…..

Nächstes Ziel:
Wien Budapest wäre ein Projekt für nächstes Jahr! Das erste österreichische Dampfschiff Franz I, hat die Strecke in 14 Stunde geschafft, 28 Stunden mit dem Kajak?

Loire 725 – Ein Flussrennen über 725km mitten in Europa

Loire 725

Begonnen hat mein Interesse an der Kajak-Langstrecke beim legendären Kajakrennen Budejovice – Praha, das in 2,5 Tagesetappen nach Prag führt. Ich bin am ersten Abend nach 70 Kilometern ehrlich erledigt und Joachim erzählt vom NonStop Rennen im Jahre 2019 über die 178 km. Für mich ist es unvorstellbar so lange im Boot zu sitzen.
Aber der Stachel sitzt und ich probiere auf der Donau einmal eine längere Strecke.

Die Initialzündung für das Projekt Loire 725 kommt dann von Zdenek Herzan, der auch schon beim klassischen BP Nonstop Rennen dabei war. Er erzählt von Alain und seiner Idee, ein Paddelrennen mitten in Europa zu organisieren, das sich auf Höhe mit dem Yukon River Quest sieht, ohne lange Anreise, ohne kompliziete Logistik und das auf einem der letzten unverbauten Flüsse mitten in Frankreich. Die Regeln sind einfach: zwischen 6:00 und 22:00 darf man auf der Loire paddeln, dann gibt es eine verpflichtende Nachtruhe – und das setzt sich fort, bis man im Ziel ist.
Das klingt nach einem guten Plan und für 2024 habe ich ein neues Ziel. Ich erzähle einem Freund vom Projekt und wir beschliessen, das Abenteure im K2 anzugehen, die Kombination von Markus’s Wildwassserkompetenz in Kombination mit meiner inzwischen gesammelten  Flachwasser Langstreckenerfahrung könnte ganz gut funktionieren.

Als nächstes begeben wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Boot. Wir glauben, dass ein flottes Wanderboot eine gute Wahl für die Loire sein könnte und entscheiden uns für einen WK640 Sport von World of Kayaks. Es gibt einige Schwälle und Durchfahrten bei Brücken sowie die Strecke  von Nantes bis zum Ziel, wo wir höhere Wellen erwarten können – wir legen uns bei der Bootsauswahl auf die sichere Seite.

Anfang Mai machen wir dann eine erste Testfahrt auf der alten Donau und starten am nächsten Wochenende gleich bei der Raba 100 in Ungarn. Dort kennt uns keiner und wir können ohne Stress Material testen und die erste Langstreckenerfahrung im K2 sammeln. Kurz zusammengefasst: der Test auf der Raba läuft mehr wie perfekt, wir gewinnen gleich das Rennen in 8:39 und bis auf ein paar Sitzprobleme könnten wir noch länger fahren – neue Sitzauflagen besorgen und die Loire kann kommen – wir freuen uns!
Wir studieren jetzt fleißig Paddelführer und fangen an, an unserem Riverbook zu basteln. Auch wenn die Loire ab Roanne als Wanderfluss gilt, gibt es doch immer wieder Brückendurchfahrten und Hindernisse, bei denen es gilt, die richtige Durchfahrt zu finden.
Allerdings gibt es in der Vorbereitung noch einen kurzen Schock: Alain sagt das Rennen wegen zu geringer Teilnehmerzahl ab. Aber fast alle Interessenten beschließen, trotzdem am 16. Juni am Start zu stehen – die Loire725- 2024 wird als inoffizielles Rennen starten. Alain erzählt uns später, dass die offizielle Absage wegen teueren Behördenauflagen erforderlich war!

Das Rennen startet am Vorabend mit einer Vorbesprechung mit Gremont de Loire, der einem Champagner nichts nachsteht, und guten Tipps für das Rennen. Der Wasserstand ist heuer wesentlich höher wie beim vergangenen Rennen und die richtige Linie gewinnt an Bedeutung, Keep right or you will die – sind die gut gemeinten Tipps, die wir neben einem GPS Tracker auf die Strecke mitbekommen.

Das Rennen startet am Sonntag fast pünktlich um 6:00, wir stellen uns in einer Linie auf und freuen uns, mit unseren tschechischen Freunden Jan, Zdenek und Choros am Start zu stehen. – Das Abenteuer kann beginnen!

Wir haben die ersten Kilometer am Vortag besichtigt und so wissen wir, dass uns nach 500 Meter schon der erste Schwall erwartet. Wir kennen die richtige Linie und führen überraschend gleich das Feld an. Trotzdem bleibt uns die Zeit, den wunderbaren Abschnitt der Loire zu geniessen und Störche, Reiher, Eisvögel, Uferschwalben, Schwäne Komorane, …… zu beobachten.
Der Wasserstand der Loire ist gut und die Hindernisse wie die Kanalbrücke und  Steinstufen von Digoin lassen sich problemlos fahren. Unsere Taktik mit Lotse und Steuermann geht perfekt auf, Markus wählt vorne die Einfahrt in die Schwälle, ich steuere hinten und der WK640 macht was er will und fährt locker und lässig über alle Walzen und Wellen dahin – am ersten Tag sind wir mit unserem Boot klar im Vorteil. Uns hilft der Wasserstand und das gutmütige Boot – die nächsten Tage werden wir es nicht mehr so leicht haben. Die ersten 189km vergehen wie im Flug, bis auf ein paar kleinere Blasen an den Händen läuft der Tag perfekt und wir bleiben bis Nevers sogar in Führung.
Am nächsten Morgen übertragen wir das Wehr in Nevers. Ein Staffelteam ist mit einem Knysna Flussrennboot und einem schnellen Surfski unterwegs und ungefähr im gleichen Tempo arbeiten wir uns den Fluss runter. Zugegebenermassen fühlt sich das Paddeln am zweiten Tag etwas zäher an, aber die Spuren des ersten Tags sind weniger schlimm wie erwartet. Bei Bonneville erreichen wir das erste Atomkraftwerk auf der Loire, zur Kühlung wird die Loire gestaut.
Am Abend wird die Campingplatzsuche das erste Mal mühsamer, die beiden Campingplätze unterhalb von Orleans sind beide geschlossen und der erste verfügbare liegt 20 Kilometer flussab. Wir probieren einfach wie weit wir kommen und lassen und von Hannes in einer kleinen Ortschaft unterhalb von Orleans abholen. Heute schaffen wir 195 km.
Alain fordert in seiner Ausschreibung ein Begleitfahrzeug pro Team und wir versprechen Hannes, einem Fahrradfreund von Markus, einen interessanten Frankreichurlaub. Als Rookies wissen wir allerdings nicht, wie wichtig das Begleitteam bei so einem Rennen ist und vor allem wie viel Arbeit ein Betreuer hat: aus dem Frankreichurlaub wird für Hannes ein 20 Stunden Knochenjob, Zeltplätze organisieren, bei Umtragestellen untertützen, Shuttelservices, Verpflegung und Wasser kaufen – wir finden ständig neue Aufgaben!
Nach einer regenerischen Nacht setzten wir erst um 7:00 morgens ein, die Logistik mit Campingplätzen hat etwas Zeit gekostet und wir lassen noch ein Gewitter durchziehen. Inzwischen sind wir ein Spitzenfeld von 4 Teams, eines davon ist ein Staffelteam, bei dem die Fahrer regelmäßig wechseln. Weiters ist ein starker französischer Einzelfahrer und Gilles (zweimaliger Weltmeister und Langenstreckenprofi) mit uns unterwegs. Je langsamer die Loire fließt desto schneller werden die Surfskis und Flachwasserboote im Vergleich zu unserem Wanderboot. Laut Reglement ist der Wechsel von Booten erlaubt – wir haben uns entschieden, den besten Kompromiss für das ganze Rennen zu wählen und verlieren langsam ein paar Plätze an starke Gegner – wir können gut damit leben und fahren unser Rennen ohne uns hetzen zu lassen.
Dafür begeistert uns am 3. Tag die Loire wieder landschaftlich, der Fluss wird immer breiter, bleibt aber abwechslungsreich mit Brücken, Ortschaften und Inseln – irgendwann werde ich dort noch einmal langsam durchbummeln, Wein kosten und Schlösser besichtigen.
Wir passieren noch Tours und das letzte der 4 Atomkraftwerke an der Loire und suchen nach 162 km einen Ausstieg, wo uns Hannes abholen kann. Die Logistik ist nicht ganz einfach und die Suche nach dem passenden Campingplatz  kostet Zeit – aber noch sind wir motiviert und hoffen die Strecke in 4 Tagen zu schaffen.
Tag 4 bringt und dann sehr wechselhaftes Wetter und immer wieder Gewitter, Sturm und Regenschauer. Die Loire wird immer breiter, dafür gibt es unterhalb von Saumur eine Schiffahrtsrinne mit Bojen.
Unser Zwischenziel ist diesmal Nantes, wo wir hoffen, die letzten Kilometer mit ablaufender Flut bis zum Ziel in Paimboeuf zu schaffen.
Kurz zusammengefasst, wir schaffen es gerade nicht, vielleicht eine halbe Stunde fehlt uns, um im vorgeschriebenen Zeitfenster bis 22:00 ins Ziel zu kommen. Dafür erleben wir einzigartige Momente in Sturm und Gewitter und schlagen uns gemeinsam mit Gilles bis LePellerin durch. Am nächsten Morgen müssen wir noch einmal für 2 Stunden ins Boot, aber gedanklich sind wir schon im Ziel.

Gilles sitzt um 6:00 schon im Boot, wir kämpfen um die Zeit noch mit der Logistik. Bei leichtem Nieselwetter bummeln wir dann die letzten Kilometer zum Ziel. Highlight ist ein Schwarm Delfine, der uns entgegenschwimmt und erzählt, dass wir es gleich geschafft haben…
Als viertes Boot kommen wir ins Ziel, etwas müde aber mit dem Gefühl, gemeinsam etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Hannes und Alain warten schon beim Leuchturm in Paimboeuf.
Wie ist es unseren tschechischen Freunde gegangen?
Jan hat leider nach dem ersten Tag wegen Problemen mit der Schulter aufgeben müssen, Zdenek und Choros sind wenige Stunden nach uns ins Ziel gekommen.
Uns allen bleibt das Gefühl, dass es bei einem solchen Rennen nicht auf das Ergebnis ankommt und das Rennen Paddler verbindet, auch wenn sie sich am Fluss nicht oft getroffen haben.

Ein Dankeschön an Alain für die Idee und Organisation, er hat uns einen wunderschönen Fleck in Europa nähergebracht.
Nächstes Jahr wird bei mir zwar wieder Budejovice-Praha am Rennkalender stehen, aber ich bin ganz sicher wieder auf der Loire unterwegs.

Alain organisiert das Rennen im nächsten Jahr als Etappenrennen vom 7. bis 14. Juni 2025.
Die längste der 7 Etappen wird 125 Kilometer betragen – die Loire ist wirklich die Reise wert!